Die Landwirte seien mit ihrer wirtschaftlichen Lage so zufrieden wie seit quick zehn Jahren nicht mehr, vermerkte der Deutsche Bauernverband noch im Dezember. Im selben Monat bewertete dessen Vorsitzender Joachim Rukwied die Kürzungspläne der Bundesregierung bei Subventionen als „unzumutbare Belastung“. Wie kann es sein, dass eine scheinbar intakte Branche so hart von Einschnitten bei Subventionen getroffen würde? Und wie passen steigende Gewinne zusammen mit der Rede vom Hofsterben?
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Will man bemessen, wie wichtig die Landwirtschaft für Deutschland ist und wie intestine es ihr geht, kann man unterschiedlichste Zahlen heranziehen – die ganz verschiedene Schlüsse zulassen. So entfällt auf den Sektor nur rund ein Prozent der deutschen Bruttowertschöpfung. Aber: ohne Landwirtschaft keine Supermärkte und Eating places. Der Deutsche Bauernverband weist deshalb darauf hin, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in der Bundesrepublik mit der Landwirtschaft zusammenhänge.
Unter anderem daraus ergibt sich die Macht der Bauernproteste, wenn die Teilnehmenden sich beschweren, die Pläne der Ampelkoalition würden sie in den Smash treiben. Denn seit einiger Zeit sehen sich die Landwirte in einer Dauerkrise. Beispielsweise sei da der Weltmarkt, auf dem sie nur schwer vorne mitspielen können – unter anderem wegen höherer Lohnkosten sowie Tier- und Naturschutzstandards. Zum anderen sehen sich die Bauern durch den Strukturwandel in Deutschland in Bedrängnis. Die Zahl der Höfe sinkt, übrig bleiben wenige Großbetriebe. Aus Sicht des Bauernverbands beides gute Gründe für üppige Subventionen.
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Was die Bauern so wütend macht
Viele Landwirte wollen am Montag den Verkehr lahmlegen. Aus gutem Grund? Zu Besuch auf einem Hof in Grimma bei einem Bauern, der den Protest mitorganisiert – und vorrechnet, was hier in Zukunft fehlen würde.
Hohe Subventionen – und hohes Einsparpotenzial?
Bisher teilte die Politik diese Sichtweise. 4 Prozent aller deutschen Subventionen entfallen auf die Landwirtschaft, das entspricht rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr. Hinzu kommen Hilfen der EU. Weil die Ampelkoalition sparen muss, hat sie nun auch bei den Landwirten den Rotstift angesetzt. Zum Sparprogramm sollte der Sektor zunächst quick 6 Prozent beitragen, nach der Rücknahme einiger Maßnahmen nun immerhin noch 3 Prozent. Möglicherweise sieht die Regierung auch deshalb viel Einsparpotenzial, weil die von den Bauern geäußerten Wehklagen nur noch teilweise von den Zahlen gedeckt sind.
Im Jahr 1975 gab es noch mehr als 900.000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. 2010 waren es weniger als 300.000 Betriebe. Doch die Statistik zeigt: Das Hofsterben hat sich seither stark verlangsamt. Zwischen 2010 und 2022 sind dem Land nur noch rund 40.000 Betriebe verloren gegangen. Der Strukturwandel scheint langsam an sein vorläufiges Ende zu kommen. Ebenfalls ein positives Anzeichen in diesem Zusammenhang: Die Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen sind zuletzt stetig gestiegen, es gibt additionally Wettbewerb um die Grundstücke.
Und auch der Weltmarkt steht lange nicht mehr so ungünstig für die deutschen Landwirte: Der Krieg in der Ukraine hat die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe getrieben. Hinzu kommt, dass die Produktivität der Betriebe weiter gestiegen ist. Insgesamt können additionally höhere Mengen zu höheren Preisen verkauft werden. Das schlägt sich auf die Gewinne nieder. Sie sind zuletzt wieder kräftig gestiegen, laut Bauernverband im Schnitt um 45 Prozent. Ein durchschnittlicher Betrieb machte im Geschäftsjahr 2022/2023 rund 115.000 Euro Gewinn.
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Es bleibt aber ein grundsätzliches Drawback: 115.000 Euro sind zwar viel Geld – nicht aber, wenn davon eine oder sogar mehrere Familien leben müssen. Das Thünen-Institut, Bundesbehörde und Forschungsinstitut unter dem Landwirtschaftsministerium, hat errechnet, was das bedeutet: Arbeitende Familienmitglieder, die nicht Angestellte sind, haben durch die Gewinne ein durchschnittliches Einkommen von rund 43.000 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Das Durchschnittseinkommen aller Arbeitnehmer liegt bei etwas mehr als 49.000 Euro im Jahr.
Wenig Einkommen für lange Arbeitszeiten
Zudem ist das Geld hart erarbeitet: „Im Schnitt kommen landwirtschaftliche Vollzeitarbeitskräfte auf 46,7 Wochenstunden und haben damit mit Abstand die längsten Arbeitszeiten unter allen deutschen Berufsgruppen. Der Durchschnitt liegt bei 40,4 Wochenstunden“, schreibt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft.
Traktoren blockieren den Verkehr: Bauern protestieren bundesweit
Bundesweit protestieren Bauern gegen Subventionskürzungen beim Agrardiesel. Autobahnzufahrten wurden blockiert und der Berufsverkehr ausgebremst.
© Quelle: Reuters
Die Streichung der Subventionen für Agrardiesel würden sich auf das Einkommen auswirken. Schätzungsweise geht es um einige Tausende Euro im Jahr. Laut niedersächsischem Landwirtschaftsministerium hat in dem Bundesland zuletzt ein durchschnittlicher Haupterwerbsbetrieb rund 3.500 Euro für Agrardiesel zurückerstattet bekommen. Wenn dieses Geld wegfällt, wäre das eine Belastung, würde aber nur einen kleinen Teil des Gewinns mindern. Zudem bleiben viele Subventionen erhalten und damit auch Sicherheit. Bislang machen Subventionen einen Anteil von mehr als 40 Prozent des Einkommens von Haupterwerbsbetrieben aus. In manchen Fällen liegt der Anteil sogar bei rund 60 Prozent.
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Einkommen unterscheiden sich stark
Für wie viele Landwirte die Pläne der Bundesregierung existenzgefährdend wären, lässt sich nur schwer sagen. Bei den Kennzahlen sind die Abweichungen vom Durchschnitt teilweise groß: So ist der Ackerbau auskömmlicher als Milchvieh, konventionelle Landwirtschaft bringt mehr Geld als biologische und je nach Bundesland unterscheiden sich die Einkommen ebenfalls stark.
Und schließlich spielt die Größe der Betriebe eine gewichtige Rolle. Zu den größeren zählt das Landwirtschaftsministerium knapp 40 Prozent. Deren Durchschnittseinkommen liegt bei mehr als 130.000 Euro. Doch es bleiben rund 60 Prozent mittlere und kleinere Betriebe. Bei beiden Gruppen liegt das Durchschnittseinkommen weit unter dem Schnitt aller Betriebe: Bei mittlerer Größe beträgt es rund 59.000 Euro, bei den kleineren gar nur rund 34.000 Euro.
Doch egal, ob Klein- oder Großbauer, ob Kartoffel oder Milchbauer – bei den Bauernprotesten stehen sie alle zusammen. Denn es geht auch darum zu zeigen: Wir sind wichtig.